Polymyositis: Ursachen, Symptome & Behandlung der Muskelerkrankung
Was ist Polymyositis?
Polymyositis ist eine Muskelerkrankung. Sie ist durch entzündliche und degenerative Veränderungen in den Muskeln gekennzeichnet und zählt ebenso wie Lupus erythematodes, rheumatoide Arthritis und das Sjögren-Syndrom zu den rheumatisch-entzündlichen Erkrankungen, genauer: zu den Bindegewebserkrankungen, auch Kollagenosen genannt. Bei der Polymyositis richtet sich die körpereigene Abwehr gegen Muskelgewebe, da es dieses fälschlicherweise als „Feind“ einstuft. Diese Fehlleitung des Immunsystems löst anhaltende Entzündungsprozesse im Körper der Betroffenen aus. Vor allem die quergestreifte Muskulatur, welche wir willkürlich beeinflussen können, ist betroffen. Muskelschmerzen und Muskelschwäche sind die Folgen.
Aufgrund der Immunaktivität sind die Betroffenen von weiteren Beschwerden betroffen, darunter Müdigkeit, Erschöpfung und Konzentrationsschwierigkeiten. Da die Polymyositis vielfältige Symptome zeigt, die den gesamten Körper betreffen können, ist auch von einer systemischen (den ganzen Körper betreffenden) Krankheit die Rede. Da zusätzlich zur Muskulatur auch Haut, Gelenke, Gefäße sowie innere Organe wie die Lunge oder das Herz betroffen sein können, leiden Betroffene oft unter einer Vielzahl weiterer Symptome, etwa Herzrhythmusstörungen.
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Polymyositis: Ursachen der Muskelerkrankung
Wie die Deutsche Rheuma-Liga Bundesverband e. V. mitteilt, sind von 100.000 Einwohnern etwa 80 von Polymyositis betroffen. Damit zählt die Muskelkrankheit zu den seltenen Erkrankungen. Meist tritt die Erkrankung zwischen dem 40. und 60. Lebensjahr auf, kann aber auch bereits in jüngeren Jahren Symptome zeigen. Frauen sind zwei- bis dreimal häufiger betroffen als Männer. Die Ursachen der Erkrankung sind unbekannt. Es ist nicht klar, warum sich das Immunsystem plötzlich gegen körpereigenes Gewebe richtet und dieses bekämpft. Wissenschaftler:innen diskutieren genetische Faktoren ebenso wie immunologische, infektiologische und Umweltfaktoren. Es wird vermutet, dass es ein Zusammenspiel bestimmter Trigger braucht, um die Fehlregulation und damit die Bildung von Autoantikörpern gegen Muskelgewebe auszulösen. Virusinfektionen gelten als eine mögliche Ursache, die zum Ausbruch der Autoimmunkrankheit führt.
Polymyositis-Symptome erkennen
Die Polymyositis-Symptome sind zu Beginn der Erkrankung meist unspezifisch. So bemerken Betroffene häufig zuerst:
- zunehmende Schwäche
- Müdigkeit
- allgemeines, schweres Krankheitsgefühl
- beginnende Muskelschmerzen
- Muskelkater
- Gewichtsverlust
- Fieber
Meist nimmt das Beschwerdebild innerhalb weniger Monate zu. Es treten zunehmend Muskelschmerzen auf, die sich vor allem bei Belastungen wie Treppensteigen, Heben oder Aufstehen zeigen. Am häufigsten ist die Muskulatur von Hüfte und Oberschenkeln sowie von Schultergürtel und Oberarmen betroffen. Im weiteren Verlauf der Erkrankung zeigt sich eine zunehmende Muskelschwäche. Die Muskulatur bildet sich zurück. Betroffene haben Gelenkbeschwerden und teilweise Gelenkschwellungen – besonders an Händen und den Knien. Bewegungen sind immer mehr eingeschränkt. Stürze, Stolpern und das Fallenlassen von Gegenständen werden häufiger.
Herz und Lunge in Gefahr: Polymyositis betrifft nicht nur die Muskeln
Ist die Speiseröhre betroffen, kann es zu Schluckstörungen kommen. Ist das Verdauungssystem betroffen, sind Verdauungsstörungen die Folge. Bei einer Mitbeteiligung des Herzmuskels können Herzrhythmusstörungen auftreten. Auch kann sich eine Herzschwäche oder Herzkranzgefäßentzündung ausbilden. Ist die Lunge betroffen, bildet sich meist eine Lungenfibrose. Eine Lungenfibrose ist dadurch gekennzeichnet, dass sich Lungengewebe verändert. Die Lunge vernarbt in Folge der Entzündungsprozesse. Daher ist auch von einer „Narbenlunge“ die Rede. Dadurch kann sich die Lunge nicht mehr richtig ausdehnen und verliert an Volumen. Die Sauerstoffaufnahme ist beeinträchtigt. Das Atmen fällt schwer. Luftnot und Reizhusten treten auf. Um einem schweren Verlauf und erheblichen Gewebsschäden vorzubeugen, ist eine frühe Diagnose und Behandlung von großer Bedeutung.
Polymyositis-Diagnose: Wie erkennt der Arzt die Autoimmunkrankheit?
In der Regel führen die beginnenden Beschwerden die Betroffenen zuerst zu ihrem Hausarzt oder ihrer Hausärztin. Nach ersten Untersuchungen erfolgt meist eine Überweisung zu Fachärzt:innen, etwa einem:r Internist:in oder einem:r Rheumatolog:in. Im Blut der Betroffenen lassen sich meist erhöhte Entzündungswerte nachweisen, welche auf eine Aktivität des Immunsystems hindeuten. Untersuchungen der Muskeln mit Ultraschall zeigen Muskelschwellungen und Unregelmäßigkeiten in der Faserstruktur (Vernarbungen). Eine Elektromyographie, kurz EMG, kann die elektrische Aktivität im Muskeln aufzeichnen. Ist der Muskel entzündet, sind auffällige Muster erkennbar. Muskelkraft- und Funktionstests erfassen Einschränkungen der Muskelkraft. Mit Hilfe einer Magnetresonanztherapie (MRT) lassen sich Entzündungen und Muskelabbau bildgebend darstellen.
Manchmal wird eine Gewebeprobe im Rahmen einer Muskelbiopsie entnommen, um entzündliche Prozesse im Gewebe nachweisen zu können. Bis zur Polymyositis-Diagnose vergehen oft Monate bis Jahre. Ein Grund hierfür ist, dass sich die Beschwerden schleichend entwickeln und unspezifisch sind. Meist dauert es lange, bis die Beschwerden Betroffene zu einem Arzt oder einer Ärztin führen. Und auch die Ärzt:innen tappen häufig lange im Dunkeln – eben, weil die Symptome zu vielen Krankheitsbildern passen. Über Ausschlussverfahren und viel Fachwissen wird der Weg zur Diagnose geebnet.
Polymyositis Behandlung: Diese Therapie hilft Betroffenen
Der erste Baustein der Polymyositis-Therapie ist die Eindämmung der Entzündungsprozesse. Hierzu kommen Kortison-Medikamente zur Anwendung. Im Anschluss wird die Kortison-Dosis langsam gesenkt und die Kortison-Therapie durch Immunsuppressiva ergänzt. Immunsuppressiva sind Medikamente, welche die Aktivität des Immunsystems eindämmen, sodass ein Überschießen reguliert werden kann. Da die künstliche Schwächung der körpereigenen Abwehr nicht ohne Risiko ist und unter anderem Infektionen mit Viren, Bakterien und Pilzen zunehmen, werden die Betroffenen engmaschig untersucht. Manchmal ist es notwendig, die Nebenwirkungen der Medikamente mit weiteren Medikamenten zu behandeln.
Häufig eingesetzte Immunsuppressiva bei Polymyositis sind die Wirkstoffe Cyclophosphamid, Azathioprin oder Methotrexat (MTX). Bei sehr schweren Verläufen wird auch der Antikörper Rituximab eingesetzt. Zusätzlich werden bereits angegriffene Organe behandelt. Ziel der Polymyositis-Therapie ist, das Bindegewebe vor Angriffen des Immunsystems und (weiteren) Schäden zu bewahren, die Beschwerden der Betroffenen zu lindern und so ihre Lebensqualität zu verbessern. Ein weiterer Bestandteil der Polymyositis-Behandlung ist Krankengymnastik. Diese fördert die Beweglichkeit der Muskulatur, kräftigt die Muskeln und unterstützt die Schmerzlinderung. Außerdem ist eine ausreichende Calcium- und Vitamin D-Zufuhr zur Osteoporoseprophylaxe wichtig.
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Lebensstilfaktoren zur Verbesserung der Polymyositis
Betroffene sollten zudem auf eine gesunde und ausgewogene Ernährung achten. Übergewicht sollte vermieden werden. Auf Nikotin sollten Betroffene verzichten und Alkohol nur in Maßen zu sich nehmen. Denn: Sowohl Nikotin als auch Alkohol begünstigen Entzündungsprozesse im Körper und wirken auf die Gefäßfunktion und deren Versorgung beeinträchtigend. Experten raten zudem, regelmäßig aktiv zu sein – am besten drei Mal in der Woche für 30 Minuten – und die sportliche Intensität an den individuellen Gesundheitszustand anzupassen.
Lesetipp: Medikamente und Alkohol: ein echtes Risiko.
Polymyositis Krankheitsverlauf: Wie ist die Lebenserwartung bei Polymyositis?
Die Autoimmunkrankheit Polymyositis ist eine chronische Krankheit. Wird diese nicht behandelt, schreitet sie weiter fort. Das heißt: Der Körper bekämpft weiter ungehemmt eigenes Gewebe, welches langfristig Schaden nimmt und schwere Krankheitsverläufe zur Folge haben kann. Eine Therapie kann die Muskelentzündung oft aufhalten und weitere Schäden verhindern. Der Verlauf der Polymyositis ist von Patient zu Patient verschieden und hängt unter anderem davon ab, welche Muskeln betroffen sind, wie schwer sie geschädigt sind und ob weitere Organe involviert sind.
Quellen: