Wochenbettdepression: Was sind Postpartale Depressionen?
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Wochenbettdepression: Was sind Postpartale Depressionen?

Anders als der sogenannte Baby Blues lassen postpartale Depressionen nicht von alleine wieder nach. Es handelt sich dabei um eine ernsthafte psychische Erkrankung. Betroffene benötigen frühstmöglich professionelle Hilfe sowie Unterstützung durch Familie und Freunde. Mehr dazu erfahren Sie hier.

Verschiedene Formen von psychischen Problemen nach der Geburt

Nach der Geburt kann es vor allem bei jungen Müttern zu sogenannten perinatalen psychischen Erkrankungen kommen. Das ist ein Überbegriff für verschiedene Formen seelischer Probleme, die sowohl kurz vor als auch während oder nach der Entbindung (und zwar bis zu einem Jahr später) auftreten können.Dabei unterscheiden Ärzte die folgenden Formen:

1. Postpartales Stimmungstief (umgangssprachlich als „Baby Blues“ oder „Heultage“ bezeichnet)

2. Postpartale Depression (auch postnatale Depression oder Wochenbettdepression genannt)

3. Postpartale Psychose

Eine nach der Entbindung einsetzende Psychose mit Wahnvorstellungen wie Paranoia oder Halluzinationen ist sehr selten – nur etwa eine bis drei von 1.000 Frauen sind betroffen.

Ganz anders sehen die Zahlen für die anderen beiden Formen postpartaler psychischer Erkrankungen aus: Den “Baby Blues” verspüren zwischen 50 und 80 Prozent der Mütter, zehn bis 15 Prozent bekommen sogar postpartale Depressionen . Allerdings sind Scham und Schuldgefühle bei der Depressionserkrankung häufig sehr groß, sodass nicht alle Betroffenen die dringend benötigte Hilfe suchen und somit auch nicht in diesen Erhebungen auftauchen.

Es gibt einen Unterschied zwischen den Bezeichnungen „postnatal“ und „postpartal“. Der Begriff „postpartal“ bezieht sich auf die Zeit nach der Entbindung aus Sicht der Mutter. „Postnatal“ wiederum bezieht sich auf die Zeit nach der Geburt aus der Sicht des Säuglings. Da die Wochenbettdepression die frischgebackene Mutter betrifft, heißt es demnach korrekt „postpartale Depression“.

Postpartales Stimmungstief: Symptome und hilfreiche Tipps

Schuld an der teilweise schweren Zeit nach der Geburt ist die extreme Hormonumstellung im Körper der Mutter. Etwa drei bis fünf Tage nach der Entbindung bringen die hormonellen Schwankungen Körper und Seele in Aufruhr. Bei der Mehrheit der Frauen äußert sich dies im sogenannten Baby Blues, dem postpartalen Stimmungstief.

Dabei sind die frischgebackenen Mütter mehrere Tage lang sehr sensibel, ängstlich, labil und weinen häufig. Sie fühlen sich erschöpft, können aber trotzdem nicht gut schlafen, haben Schwierigkeiten, sich zu konzentrieren, und leiden unter Appetitlosigkeit. Mit viel Verständnis, Liebe und Geborgenheit durch Angehörige und Freunde sowie Ruhe und Entspannung klingen die Symptome jedoch in der Regel von selbst wieder ab.

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Während der Schwangerschaft verändert sich der Körper der Frau hormonell stark. Das kann unter anderem zum Baby Blues oder sogar zur postpartalen Depression führen.

Postpartale Depressionen: Ursachen und Risikofaktoren

Die genauen Ursachen von postpartalen Depressionen sind bislang noch unerforscht. Es scheinen bestimmte körperliche, psychische und soziale Faktoren eine Rolle zu spielen. Ein erhöhtes Risiko besteht derzeitigen Erkenntnissen zufolge bei Frauen, die eine gewisse genetische Vorbelastung für depressive Erkrankungen mitbringen, vor allem wenn sie bereits vor Schwangerschaft und Geburt depressive Phasen durchlebt haben. Schwangerschafts- und Geburtskomplikationen können die Gefahr einer postpartalen Depression zusätzlich erhöhen, ebenso hormonelle Veränderungen und biochemische Prozesse als Folge schlafloser Nächte.

Wurde die Entbindung als traumatisch erlebt oder gestaltet sich das Stillen unerwartet schwierig, kann auch das Depressionen begünstigen. Die Veränderungen des Lebensrhythmus, persönliche Einschränkungen und die Neufindung der eigenen Identität als Mutter sind weitere belastende Faktoren.

Erschwerend kommt hinzu, dass sich die Beziehung zum Partner und zu Angehörigen durch das Baby wandelt und alle Beteiligten ihre sozialen Rollen neu definieren müssen. Das ist nicht immer einfach. Haben junge Mütter zusätzlich eine hohe Erwartungshaltung an sich selbst, etwa durch ein gesellschaftlich verklärtes Mutterbild oder die Tabuisierung der Schwierigkeiten des Mutterdaseins, kann das ein weiteres Risiko darstellen, an einer postpartalen Depression zu erkranken.

Symptome: Wie äußert sich eine postpartale Depression?

Zu den Hauptsymptomen einer generellen Depression zählen unter anderem anhaltende, starke Niedergeschlagenheit und gedrückte Stimmung sowie Antriebslosigkeit und dauerhafte Müdigkeit. Außerdem ist der Verlust von Freude an persönlichen Interessen ein typisches Warnsignal. Postpartale Depressionen können darüber hinaus folgende Symptome aufweisen:

  • Schwierigkeiten oder Unfähigkeit, liebevolle Gefühle für das Baby zu empfinden
  • Stimmungsschwankungen bis hin zu extremer emotionaler Labilität
  • Übertriebene Sorgen und Ängste um das Wohlbefinden des Babys
  • Starke Zweifel an den eigenen Fähigkeiten als Mutter
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Bei einer anhaltenden postpartalen Depression sollte unbedingt professionelle Hilfe aufgesucht werden. Nur so kann die Erkrankung zuverlässig bekämpft werden.

Therapie zur Behandlung einer postpartalen Depression

Glücklicherweise lassen sich postpartale Depressionen in der Regel gut behandeln. Wichtig ist, dass Betroffene professionelle Hilfe bei einem Psychotherapeuten suchen. Dort werden sie über ihre Erkrankung aufgeklärt und lernen, sie zu verstehen.

Dabei ist es notwendig, dass Familienmitglieder in Aufklärung und Beratung miteinbezogen werden. So entwickeln sie ein Verständnis für die komplexe Problematik und lernen, wie sie als Angehörige depressive Menschen unterstützen können . Manchmal bringt es für die betroffenen Mütter bereits Erleichterung, mit einem Experten über die Zweifel, Gedanken und negativen Gefühle zu sprechen und zu begreifen, dass diese Teil der Erkrankung sind und nicht in ihrer Person selbst begründet liegen.

Patientinnen sollten zusätzlich zur Therapie auf Ruhe, gesunde Ernährung, Bewegung und Entspannung achten. Eine Selbsthilfegruppe kann die Betroffene ebenfalls unterstützen. Solche Maßnahmen können die Psychotherapie zwar nicht ersetzen, sie sind aber sinnvolle Ergänzungen, die den Heilungsprozess beschleunigen können.

Antidepressiva: Sind Medikamente in der Stillzeit erlaubt?

In schweren Fällen von postpartalen Depressionen kann die Biochemie im Gehirn so sehr aus dem Gleichgewicht geraten, dass Psychotherapie, Selbsthilfe und gesunder Lebenswandel keine Heilung erzielen. In diesem Fall verschreibt der behandelnde Arzt Medikamente gegen Depressionen.

Diese Antidepressiva müssen über einen gewissen Zeitraum regelmäßig und exakt nach Anweisung des Arztes eingenommen werden, um einen heilenden Effekt zu erzielen. In der Regel lassen die Symptome dann nach etwa einem halben Jahr nach. Wenn alles gut läuft, können die Medikamente dann nach ca. einem Jahr – unter ärztlicher Aufsicht – wieder abgesetzt werden.

Stillende Frauen sollten die Einnahme von Antidepressiva mit ihrem Arzt besprechen. Ob die Medikamente über die Muttermilch auf das Baby übergehen und diesem schaden, indem sie zum Beispiel Unruhe oder Benommenheitszustände auslösen, ist noch Gegenstand medizinischer Diskussionen. Nutzen und Risiken sollten im Einzelfall erwogen und im Zweifelsfall auf Fläschchen-Nahrung für das Baby umgestellt werden.

Disclaimer: Dieser Text enthält nur allgemeine Hinweise und ist nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung geeignet. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen. Alle individuellen Fragen, die Sie zu Ihrer Erkrankung oder Therapie haben, besprechen Sie mit Ihrem behandelnden Arzt.
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