13 Tipps, wie Eltern ihre Teenager in der Pubertät unterstützen können
Plötzlich vieles neu: Mit der Pubertät verändert sich für Eltern viel
Ist das Familienleben von der Entwicklungsphase Pubertät geprägt, kann das Familienleben turbulent werden. Plötzlich kommt es zu Streit und Meinungsverschiedenheiten, wo man sich sonst einig war. Plötzlich zieht sich der:die Jugendliche zunehmend zurück, erzählt immer weniger oder findet gemeinsame Familienurlaube uncool und möchte lieber mit der Clique losziehen. Für Eltern sind die Veränderungen während der Pubertät nicht immer leicht zu stemmen. Hinzu kommen häufig Sorgen, dass die Freunde „nicht passen“, die Leistungen in der Schule nachlassen, zu viel Alkohol getrunken, geraucht oder gar Drogen konsumiert werden. Manche Eltern haben gar das Gefühl, an ihr Kind „nicht mehr dranzukommen“. Wie eine unsichtbare Barriere fühlt es sich für manche an. Das macht traurig und kann verletzen. Wie können Eltern damit umgehen, damit die Bedürfnisse der Familie unter einen Hut passen? Wie kann man sein Kind beschützen, ohne dass es das Gefühl hat, kontrolliert oder eingeengt zu werden? Wie kann man Grenzen und Regeln setzen, ohne dass ständig der Haussegen schiefhängt? Wie können Eltern Teenager in der Pubertät unterstützen?
13 Tipps, wie Eltern ihre Kinder während der Pubertät unterstützen können
Es ist nicht immer einfach, den Spagat zwischen gesunder Nähe und Distanz zu finden. Ein offenes und faires Miteinander können folgende Tipps unterstützen:
- Seien Sie offen für Fragen zu körperlichen Veränderungen: Suchen Sie das Gespräch mit Ihrem Kind. Viele sind unsicher, wenn der Körper plötzlich ein Eigenleben zu führen scheint (Periode, Brustwachstum, erste Erektion, erster Samenerguss, Bartwachstum, Stimmbruch…). Merken Sie, dass Ihr Kind nicht darüber sprechen möchte, akzeptieren Sie das. Es wird zu gegebener Zeit auf Sie zukommen, wenn es spürt, dass Sie diesen Themen gegenüber offen sind – oder sich mit Freunden oder einer anderen Vertrauensperson aussprechen.
- Haben Sie ein offenes Ohr für Probleme, Sorgen und Ängste: Konflikte im Freundeskreis, Probleme in der Schule, Unsicherheiten beim ersten Verliebtsein – es gibt unendlich viele Themen, die Jugendliche beschäftigen können. Signalisieren Sie auch hier Ihrem Kind: Du kannst zu mir kommen. Spürt es, dass es mit seinen Gefühlen und Sorgen ernstgenommen wird und mit Ihnen gemeinsam Lösungen erarbeiten kann, wird es sich öffnen.
- Freiräume geben und Rückzug akzeptieren: Manchmal ist die Tür des Jugendzimmers einfach zu, am Esstisch breitet sich Schweigen aus oder der:die Jugendliche hängt stundenlang mit Freunden rum und findet Familie plötzlich doof. Das ist normal. Geben Sie Ihrem Kind Raum für Rückzug. Das ist wichtig für den Abnabelungsprozess und die Persönlichkeitsentwicklung. Phasen der Distanz wechseln sich häufig mit Phasen der Nähe ab. Seien Sie offen dafür. Es hat meist nichts mit Ihnen zu tun. Ihr Kind hat Sie nicht weniger lieb.
- Privatsphäre achten: Die Privatsphäre zu achten ist ein wichtiges Symbol. Es zeigt: Du bist mir wichtig, ich nehme dich ernst und ich vertraue dir. Platzen Sie nicht einfach ins Zimmer, sondern klopfen Sie an. Stöber Sie nicht im Handy und öffnen Sie keine Briefe oder E-Mails, die an Ihr Kind adressiert sind – es sei denn, es ist etwas anderes vereinbart. Und: Das Tagebuch ist tabu. Wird die Privatsphäre nicht beachtet, ist das ein Vertrauensbruch, der tiefgreifende Spuren hinterlassen kann. Das gilt auch umgekehrt: Ihr Kind sollte Ihre Privatsphäre ebenso achten. Setzen Sie klare Regeln.
- Ein Vorbild sein: Seien Sie sich Ihrer Vorbildfunktion bewusst. Ihr Kind orientiert sich an Ihnen. Sie können viel dazu beitragen, wie Ihr Kind mit verschiedenen Situationen umgeht und es bei der Entwicklung einer selbstbewussten Persönlichkeit unterstützen.
- Wort halten: Haben Sie sich in der Familie etwas versprochen, sollten alle ihr Wort halten. Verlässlichkeit, Zuverlässigkeit und Vertrauen sind wichtig für die Familienstabilität. Klare Abmachungen bieten Struktur und Orientierung. Sie regeln das Miteinander.
- Wert auf gemeinsamen Austausch legen: Gemeinsame Zeit ist wichtig, auch während der Pubertät. Dabei ergeben sich Möglichkeiten, sich auszutauschen und verschiedene Themen anzusprechen. Auch wenn sich der:die Jugendliche möglicherweise zunehmend abkapseln möchte: Schauen Sie, wo sich gemeinsame Aktivitäten einbauen lassen, etwa ein wöchentlicher Spieleabend, ein wöchentliches Pizzaessen oder Ähnliches.
- Der erste Frauenarztbesuch für Mädchen: Sprechen Sie zu gegebener Zeit über den ersten Frauenarztbesuch. Meist wird dieser um das zwölfte Lebensjahr herum interessant, etwa wenn die erste Periode auftritt und es Unsicherheiten gibt oder gar Schmerzen auftreten. Auch mit Blick auf die HPV-Impfung und später Verhütung ist ein Besuch beim Frauenarzt anzuraten. Bieten Sie Ihrem Kind an, es zu begleiten. Möchte es lieber mit einer Freundin gehen, akzeptieren Sie das. Tipp: Da mit dem ersten Frauenarztbesuch oft viel Nervosität verbunden ist, gibt es die Möglichkeit, zuerst ein Kennenlerngespräch zu vereinbaren und dann zu schauen, ob man die Untersuchung im Anschluss wahrnimmt oder nochmal einen anderen Termin vereinbaren möchte. Lesetipp: Vorsorgeuntersuchung beim Gynäkologen: Was erwartet mich?
- Der erste Besuch beim Urologen für Jungen: Auch für Jungen ist eine Kontrolluntersuchung empfehlenswert, um die körperliche Entwicklung zu begleiten. Für Jungen ist der:die Urolog:in zuständig. Er:Sie ist ebenso Ansprechpartner:in für Fragen rund um Sexualität. Und: Die HPV-Impfung ist auch für Jungen möglich. Lesetipp: Vorsorgeuntersuchung beim Urologen: Was erwartet mich?
- Geduld üben: In der Pubertät brauchen Eltern Geduld. Geduld, wenn die Stimmungsschwankungen für ein ständiges Auf und Ab sorgen, wenn der:die Jugendliche Stunden das Bad blockiert oder sich plötzlich zurückzieht und nicht greifbar erscheint. Die meisten Eltern werden sich daran zurückerinnern, wie sie mal waren und wissen: Auch diese Entwicklungsphase schaffen wir zusammen. Allerdings: Manchmal muss man schon tief durchatmen.
- Signalisieren „Wir sind immer für dich da“: Die Pubertät ist für viele Jugendliche eine Zeit von Unsicherheit, Neuorientierung, Hadern mit sich und dem Aussehen, Ängsten und manchmal schier unüberwindbar erscheinenden Herausforderungen. Sie unterstützen Ihr Kind und geben ihm Kraft, wenn Sie signalisieren: Wir sind für dich da. Wir schaffen das gemeinsam. Du darfst dich ausprobieren. Wir glauben an dich. So bieten Sie Sicherheit, Schutz und Geborgenheit. Sie bauen einen Hafen, in den ihr Kind kommen kann, wenn es außerhalb zu stürmisch wird. Das schenkt ihm Vertrauen und Zuversicht. Treffen Sie wichtige Entscheidungen immer zusammen als Familie.
- Unterstützung bei der Suche nach der Zukunft und Beruf: Nehmen Sie sich ebenso Zeit für Gespräche rund um das Thema Geldverdienen, Job und Ausbildung. Unterstützen Sie bei der Suche nach dem ersten Job (Zeitungen austragen, Babysitten, Nachhilfe geben) und begleiten Sie Ihr Kind bei seiner schulischen und beruflichen Laufbahn unter Berücksichtigung der Stärken und Interessen. Welche Ausbildungs- und Einstiegsmöglichkeiten gibt es? Wo kann man sich über verschiedene Berufe informieren (Arbeitsagentur, Messen usw.)? Wo wäre ein Praktikum spannend? Ermuntern Sie Ihr Kind, sich auszuprobieren und bestärken Sie es: „Du schaffts das!“
- Bei Streit fair bleiben: Versuchen Sie, in Streitsituationen offen zuzuhören und sich in den:die Jugendliche hineinzuversetzen und entscheiden Sie dann: Wann braucht es ein ernstes Wort? Welche Regeln sind wichtig und müssen beachtet werden? Wo kann man möglicherweise auch Änderungen gemeinsam abstimmen? Begegnen Sie einander mit Respekt und Akzeptanz. Schreien und Vorwürfe helfen im Streit nicht weiter. Nicht immer findet man einen gemeinsamen Konsens. Das ist ok. Aber jeder Standpunkt hat seine Berechtigung. Klare Regel sind wichtig. Auch wenn es in Auseinandersetzungen manchmal schwerfällt: Versuchen Sie, ruhig, aber bestimmt zu bleiben. Nicht selten wird aus einer „Mücke ein Elefant“, weil man sich im Streit gegenseitig hochschaukelt. Versuchen Sie, zu deeskalieren. Und kommen Sie wieder zusammen, wenn ein vernünftiger Austausch möglich ist.
Teenager durch die Pubertät begleiten: Anlaufstellen bei Problemen
Es gibt Situationen, die so schwerwiegend sind, dass sie im Familienverbund alleine nicht stemmbar sind. Dann kann Unterstützung von außen helfen, wieder einen klaren Kopf zu bekommen und Handlungsspielräume zu erkennen. Manchmal tut es einfach gut, sich bei einer Beratungsstelle auszusprechen oder seinen Kummer anonym am Telefon oder per E-Mail zu adressieren. Oftmals hat man danach einen anderen Blick auf die Situation und schöpft neuen Mut. Eltern und Jugendliche sollten sich nicht scheuen, solche Angebote anzunehmen.
Wann der:die Kinder- und Jugendärzt:in hilft
Ständige Wechsel von Freude, Traurigkeit, Wut, Aggression und Frust überfordern neben dem:der Jugendlichen oft auch die Eltern. Manchmal sind die Stimmungsschwankungen so stark ausgeprägt, dass Eltern sich fragen, ob das zum normalen pubertären Entwicklungsprozesses gehört. Sind Eltern diesbezüglich unsicher, sollten sie sich mit einer kinder- und jugendärztlichen Praxis in Verbindung setzen. Kinder- und Jugendärzt:innen in Ihrer Nähe finden Sie über die Suche der Gelben Seiten. Lesetipp: Ratgeber „Psychische Erkrankungen bei Kinder und Jugendlichen“ der Gelben Seiten.
Wann psychologische Beratungsstellen helfen
Wenn die Fetzen häufig fliegen und familiäre Konflikte Überhand nehmen, kann manchmal auch Unterstützung von außen durch eine neutrale Person helfen. Kontaktmöglichkeiten sind unter anderem psychologische Beratungsstellen, etwa die der bke (Bundeskonferenz für Erziehungsberatung) oder der Initiative „Familien unter Druck“. Lesetipp: Antiaggressionstraining für Jugendliche: Zorn in den Griff kriegen.
Sicher im Internet unterwegs: Hier finden Sie Hilfe
Handy-Chats und Internet-Foren sind bei Jugendlichen beliebt, um sich mit Gleichaltrigen auszutauschen. Allerdings sind auch Menschen im Web unterwegs, die es nicht gut mit Ihrem Kind meinen. Sprechen Sie mit Ihrem Kind über mögliche Risiken und wie sich diese reduzieren lassen. Viele Informationen bieten die Seiten „Polizeiberatung“, „Polizei für dich“ oder „Klicksafe“.
Anonyme Hilfsangebote im Internet für Jugendliche
Vielleicht braucht man sie nicht – dennoch ist es gut, zu wissen, dass es anonyme und kostenfreie Hilfsangebote gibt, die man schnell und unkompliziert nutzen kann. Sprechen Sie mit Ihrem Kind über solche Möglichkeiten. Schreiben Sie gerne auch einen Zettel, und hängen Sie diesen an die Pinwand im Flur. Hilfe bieten unter anderem die Telefonseelsorge, der Nummer gegen Kummer, der Bke-Jugendberatung der Bundeskonferenz für Erziehungsberatung e. V. sowie der Online-Chat des Deutschen Caritasverbands e. V. pro familia bietet eine Online-Beratung sowie Adressen von Beratungsstellen in der Nähe an und hat beispielsweise für Fragen rund um körperliche Veränderungen und Sexualität ein offenes Ohr. Auf der Seite „Kindersache“ sind Tipps und Kontaktmöglichkeiten zu finden, wenn Ihr Kind gemobbt wird oder selbst jemandem helfen möchte, der gemobbt wird.
Nummer gegen Kummer für Eltern
Die „NummergegenKummer“ bietet auch ein Elterntelefon an: Unter 0800 111 0550 können Eltern montags bis freitags von 9 bis 17 Uhr, dienstags und donnerstags bis 19 Uhr anonym und kostenlos zu schwierigen Fragen der Erziehung anrufen. Das Elterntelefon ist für alle Eltern und andere Erziehende da, die sich Sorgen um Ihr Kind machen, sich überfordert oder manchmal hilflos fühlen.
Quellen: