Wie die meisten psychischen Erkrankungen zeigt sich auch die Schizophrenie mit einer familiären Häufung, die auf eine Vererbung als Komponente in der Entstehung hinweisen kann. Doch ist die Erkrankung ausschließlich auf die Gene zurückzuführen oder können Umweltbedingungen und ungünstige Lebensfaktoren ebenfalls eine Rolle spielen?
Die familiäre Häufung und das erhöhte Krankheitsrisiko zeigen bei der Ursachenforschung für die Entwicklung von Schizophrenie maßgebliche Hinweise auf. Bei eineiigen Zwillingen wird das Risiko der Erkrankung auf 45 bis 75 Prozent geschätzt, wenn einer der genetisch identischen Geschwister einen Krankheitsausbruch erlebt. Bei anderen Geschwistern sowie zweieiigen Zwillingen liegt die Wahrscheinlichkeit einer Erkrankung nur noch bei 4 bis 15 Prozent.
Die genetische Veranlagung kann jedoch nicht alleine für den Krankheitsausbruch verantwortlich gemacht werden. Nach Studien der Universität of North Carolina in Chapel Hill (USA) wurden unter Patrick Sullivan im Jahr 2003 mehrere Zwillingsstudien ausgewertet, um dem Verhältnis der Ursachen der Schizophrenie auf den Grund zu gehen. Dabei ermittelte das Team den Genetikfaktor als Hauptursache, die bis zu 80 Prozent des Krankheitsrisikos ausmache. Auch andere Wissenschaftler bestätigen diesen hohen Anteil der biologischen Grundlage. Je nach Untersuchung wird die genetische Disposition zwar geringer eingeschätzt und durch Umwelteinflüsse ergänzt, doch liegt der Anteil der genetischen Auslöser stets bei mindestens 50 Prozent.
"Unter 10.000 Menschen in Deutschland leiden etwa 25 Einwohner an einer Schizophrenie."
Ursache in der Genetik durch vielfältige Forschungen erkannt
Bei Menschen mit Schizophrenie wurde eine Veränderung in den Chromosomen festgestellt. Auf dem achten Chromosom findet sich ein Gen, das im Zentralnervensystem diverse Aufgaben erfüllt, so beispielsweise die Wanderungen von Neuronen und die Myelinummantelung der Nervenbahnen. Wird dieses Gen durch Mutationen gestört, kann ein Ausbruch der Schizophrenie eher erfolgen als ohne eine solche Störung. Darüber hinaus zeigen sich bei Erkrankten weitere Risikogene zwischen den Chromosomen 1 und 11, deren Funktionalität in den Gehirnvorgängen noch nicht gänzlich erforscht ist.
Die Vermutungen der Forschungen (u.a. unter Joseph Callicot vom National Institute of Mental Health in Bethesda / Maryland) sehen dabei auch den Gehirnstoffwechsel mit der Aminosäure Serin und den Neurotransmitter Dopamin für die Entstehung der Schizophrenie durch Vererbung verantwortlich, da Betroffene dieser Mutation einen niedrigeren Dopaminspiegel aufweisen, der zwar die Erkrankungswahrscheinlichkeit nicht zwingend erhöht, doch den auftretenden Ausbruch nachhaltig beeinflussen können.
Genetik in Kombination mit Umweltfaktoren
Dass Schizophrenie vererbbar ist, bedeutet noch nicht, dass Betroffene auch an der psychischen Krankheit leiden. Der Ausbruch wird auch mit Umweltfaktoren in Verbindung gebracht, die sich durch Traumata, Sauerstoffmangel in Extremsituationen sowie während der Geburt, aber auch Infektionskrankheiten der Mutter während den letzten Schwangerschaftswochen einstellen können. Auch parasitäre Einzeller wie der Toxoplasmose-Erreger werden mit der Erkrankung in Verbindung gebracht.
Weitere Einflüsse werden in der Pubertät und im Erwachsenenalter hinzugefügt: Traumata, psychosozialer Stress sowie der Konsum von Drogen können den Ausbruch der Erkrankung bei der entsprechenden genetischen Disposition hervorrufen. Zwar wird weiblichen Geschlechtshormonen eine schützende Wirkung vor dem Ausbruch einer Schizophrenie nachgesagt, doch scheint dieser Schutz den Ausbruch nur zu verzögern, da Frauen ebenso häufig wie Männer erkranken, da der Zeitpunkt des ersten Krankheitsausbruchs im Mittel jedoch später erfolgt (bei Männern meist zwischen 20 und 25 Jahren, bei Frauen zwischen 25 und 35 Jahren).
Wechselspiel der Auslöser individuell
Lange Jahre galt die Schizophrenie als das Ergebnis von Vernachlässigungen und Traumata in der Kindheit, wie sie beispielsweise durch Unterdrückung der kindlichen Bedürfnisse durch dominante Verhaltensweisen der Erzieher (insbesondere der Mutter) entstehen. Diese Thesen sind heute jedoch widerlegt, da die deutlichen Veränderungen im Gehirnstoffwechsel und die Mutationen in der Genetik gut erforscht sind. Dennoch gibt die Erkrankung bis heute Rätsel auf. Selbst bei Vorliegen der genetischen Disposition kann ein Mensch ohne einen Krankheitsausbruch ein gutes Leben führen, während bei ungünstiger Konstellation im Wechselspiel mit den Umweltfaktoren auch ein nur geringes Krankheitsrisiko keine Garantie für den Nicht-Ausbruch der Schizophrenie gegeben ist.
Disclaimer: Dieser Text enthält nur allgemeine Hinweise und ist nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung geeignet. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen. Alle individuellen Fragen, die Sie zu Ihrer Erkrankung oder Therapie haben, besprechen Sie mit Ihrem behandelnden Arzt.
Artikelübersicht
Dissoziative Persönlichkeitsstörung: Was steckt dahinter?