Wer haftet bei Skiunfällen?
Gilt auch beim Skifahren: Wer andere schädigt, muss dafür aufkommen
Grundsätzlich gilt: Wer einer anderen Person vorsätzlich oder fahrlässig einen Schaden zufügt, muss dafür aufkommen. So steht es in § 823 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Das ist auch auf der Skipiste so. Prinzipiell musst der Unfallverursacher haften. Allerdings ist es mitunter gar nicht so einfach, herauszufinden, wer die Schuld an einem Skiunfall trägt.
Bei einem Unfall im Straßenverkehr ist die Sache – zumindest in der Theorie – klar: Es gibt die Straßenverkehrsordnung (StVO), die regelt, was erlaubt ist und was nicht und so die Sicherheit aller Verkehrsteilnehmer gewährleisten soll. Verstoßen Sie dagegen und schädigen dadurch jemanden, sind Sie haftbar. Eine solche gesetzliche Grundlage für das Verhalten auf der Skipiste gibt es zwar nicht. Aber auch hier gibt es Regeln: die Pistenregeln des internationalen Ski-Verbands FIS.
FIS-Pistenregeln sind zu beachten
Diese Regeln lassen sich durchaus mit einer Straßenverkehrsordnung für schneebedeckte Hänge gleichsetzen. Die FIS-Pistenregeln müssen nicht nur von Ski- und Snowboardfahrern eingehalten, sie gelten für alles, womit sich eine Piste bezwingen lässt. Also beispielsweise auch für Rodler oder Snowmobilfahrer. Auch Gerichte beziehen sich auf die FIS-Regeln, wenn es zu einer juristischen Auseinandersetzung der Unfallgegner kommt. Als Wintersportler sollten Sie diese Regeln also kennen und vor allem auch beachten.
Wer hat Vorfahrt auf der Piste?
Kommt es zu einem Zusammenstoß zweier Wintersportler, geschieht das häufig beim Überholen. Dazu gibt es gleich mehrere Regeln: FIS-Regel Nr. 3 verpflichtet den von hinten kommenden Ski- oder Snowboardfahrer, seine Fahrspur so zu wählen, der er vor ihm fahrende nicht gefährdet. Überholt werden darf laut Regel Nr. 4 zwar an allen Seiten, aber nur mit gebührendem Sicherheitsabstand. Letztlich hat also immer der Vorausfahrende Vorfahrt.
Das hat unter anderem das Landesgericht (LG) Ravensburg ein einem Urteil bestätigt (Az. 2 Q 392/06). Demnach ist der vorne fahrende Wintersportler nicht einmal verpflichtet, sich vor einem Richtungswechsel nach hinten umzusehen. Kommt es allerdings zum Streit um die Schuldfrage, muss der Vorausfahrende nachweisen, dass der von hinten kommende Unfallgegner ihn gefährdet hat.
Bei nicht eindeutig geklärter Ursache haften beide
Eigentlich eine einfache Regelung, dennoch ist die Sache nicht immer ganz eindeutig. So kann ein vorausfahrender Skifahrer eine Mitschuld am Unfall tragen, wenn er sich ebenfalls nicht regelkonform verhalten hat. Hat er beispielsweise rücksichtslos die Spur gewechselt (Verstoß gegen FIS-Regel Nr. 1) oder war er viel zu schnell für sein fahrerisches Können unterwegs (Verstoß gegen FIS-Regel Nr. 2) kann die Haftung für einen Skiunfall zwischen beiden Fahrern geteilt werden.
Auch wenn Sie auf das Tragen eines Skihelms verzichten, kann das zu einer Mitschuld führen. Denn damit sorgen in Sie im Zweifelsfall dafür, dass der Schaden, der Ihnen zugefügt wurde, unnötig groß ausfällt. Diese Erfahrung musste auch ein Ehepaar machen, dass ohne Helm auf der Piste unterwegs war und von einem anderen Skifahrer gerammt und schwer verletzt wurde. Das Oberlandesgericht (OLG) München entschied, dass der Unfallverursacher nur die Hälfte der aufgrund des Skiunfalls tragen muss. Denn die Eheleute hätten ihre schweren Kopfverletzungen durch das Tragen eines Helms vermeiden können.
Ski- und Snowboardanfänger begeben sich in der Regel erst einmal vertrauensvoll in die Hände eines Skilehrers. Dieser hat eine vertraglich vereinbarte Aufsichtspflicht für seine Schützlinge. Das bedeutet allerdings nicht, dass er jeden Teilnehmer seines Skikurses in jeder Minute beaufsichtigen und vor etwaigen Stürzen und Unfälle bewahren muss. Vor allem nicht, wenn es sich bei den Teilnehmern um Erwachsene handelt. Seine Aufgabe liegt primär darin, die Schüler anzuleiten und bei Fehlern zu korrigieren. Verletzt sich ein Skischüler während des Unterrichts, ist der Skilehrer nur haftbar, wenn er seine Aufsichtspflicht vernachlässigt hat. Im Streitfall muss er allerdings beweisen, dass er seiner Sorgfaltspflicht nachgekommen ist.
Können Pistenbetreiber für Unfälle haftbar gemacht werden?
Nicht in jedem Fall ist der Unfallgegner ein anderer Wintersportler. Der Großteil der aller Skiunfälle und -verletzungen geschieht ohne Fremdeinwirkung. Eine zu enge Kurve, aus der Sie hinausgetragen werden oder die Liftgondel, die Ihnen nach dem Aussteigen in den Nacken schlägt – wer haftet bei derartigen Skiunfällen? Können Sie Schadenersatz vom Pisten- oder Liftbetreiber fordern?
Eine pauschale Antwort darauf gibt es nicht. Skifahren ist kein ganz ungefährliches Hobby, dass sollte jedem Wintersportler bewusst sein. Und Sie machen es auf eigene Verantwortung. Aber die Pistenbetreiber haben eine Verkehrssicherungspflicht: Sie müssen dafür sorgen, dass es keine unnötigen Gefahren gibt, die anderen Schaden zufügen können. Gibt es beispielsweise unerwartbare Engstellen oder schlecht auszumachende Hindernisse, ist der Pistenbetreiber verpflichtet, hier Warnschilder aufzustellen oder Absperrungen vorzunehmen.
Das gilt allerdings nur für sogenannte atypische und verdeckte Gefahren – also Gefahren, mit denen Wintersportler nicht rechnen können. Wer als Anfänger auf einer schwarzen Piste von den Brettern gerissen wird, weil diese einfach zu eng und steil für sein Können ist, kann dafür also nicht den Pistenbetreiber in die Pflicht nehmen. Denn das diese Piste schwierig zu fahren ist, ist mehr als erwartbar.