Lärmschutz am Arbeitsplatz: So viel Krach müssen Sie ertragen
Rechtliche Vorgaben zum Lärm am Arbeitsplatz
Der deutsche Gesetzgeber führte in den 70er Jahren gesetzliche Bestimmungen zum Lärmschutz ein. Dies erfolgte besonders vor dem Hintergrund, dass Unfallversicherungsträger zunehmend Druck ausübten. In den letzten Jahren trugen insbesondere EU-Richtlinien zur Verbesserung des Lärmschutzes bei.
Arbeitgeber haben vorrangig 4 Vorschriften zu beachten:
- Arbeitsschutzgesetz
- Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge (ArbMedVV)
- Lärmschtz- und Vibrationsarbeitsschutzverordnung (LärmVibrationsArbSchV)
- Arbeitsstättenverordnung
Lärm muss am Arbeitsplatz verringert werden
Arbeitgeber sind dazu verpflichtet, Lärm und Vibrationen am Arbeitsplatz weitestgehend zu reduzieren. Geräuschemissionen und Lärm am Arbeitsplatz sind vor allem durch technische Maßnahmen zu verringern. Organisatorische Maßnahmen sind erst zulässig, wenn technische Maßnahmen keinen Erfolg versprechen. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, um Lärm am Arbeitsplatz effektiv zu reduzieren. Zu den technischen Maßnahmen zählen:
- Geräte mit dem Prüfsiegel „Blauer Engel“ sind besonders geräuscharm.
- Raumwände mit speziellen Anstrichen haben eine schallabsorbierende Oberfläche.
- Teppichböden und Holzmöbel absorbieren den Schall, Fliesen und harte Platten verstärken ihn.
- Mobile Klappwände eignen sich für Großraumbüros.
- Alternative Arbeitsverfahren reduzieren den Schall.
Bei den organisatorischen Maßnahmen empfehlen sich beispielsweise die folgenden Vorgehensweisen:
- In der Pause sind spezielle Pausenräume zu nutzen.
- Verpflichtendes Einführen von Ohrstöpseln oder Gehörschutz.
- Mobiltelefone auf Vibration stellen.
- Verpflichtende Nutzung von Headsets.
- Laute Geräte wie Kopierer sind in separaten Räumen unterzubringen.
Die Lärmbekämpfung in der Arbeitsstättenverordnung
Die Arbeitsstättenverordnung zielt im Anhang 3.7 auf die Lärmbekämpfung in Arbeitsstätten ab. Gesundheitsschäden, die auf Lärm zurückzuführen sind, sollen bekämpft werden. Außerdem sollen negative Auswirkungen durch Lärm unterbunden werden. Dazu zählen:
- fehlende Aufmerksamkeit und Konzentration
- Minderung der Arbeitseffektivität
- Überhören von Warnsignalen
Die Vorschrift besagt, den Schalldruckpegel so niedrig wie nur möglich zu halten. Einen Richtwert gibt es entgegen der früheren Fassung nicht mehr. Der Arbeitgeber hat nach § 4 Nr.3 Arbeitsstättenverordnung arbeitswissenschaftliche Erkenntnisse fortlaufend zu überprüfen und technische Verbesserungen zu implementieren. Dabei hat der Arbeitgeber ein weites Ermessen:
Er darf die Gefährdungslage und den erforderlichen Aufwand für die technische Umsetzung gegeneinander abwägen. Die DIN EN ISO 11690-1 Richtlinie gibt verschiedene Dezibel-Werte vor. Danach soll der Dezibel-Wert in den folgenden Bereichen nicht höher ausfallen als:
- 80 dB in industriellen Arbeitsstätten
- 55 dB bei routinemäßiger Büroarbeit
- 45 dB bei Tätigkeiten mit hoher Konzentration
Speziellere Lärmschutzbestimmungen finden sich in den folgenden Gesetzen:
- § 22 I Nr.5 Jugendarbeitsschutzgesetz
- §§ 2 I, 3 I Mutterschutzgesetz
- § 11 Gesundheitsschutz-Bergverordnung
Welche Vorschriften im Einzelfall zu beachten sind, sollte der Arbeitgeber durch einen rechtskundigen Berater feststellen lassen.
Was ist Lärm?
Für den Lärmbegriff existieren verschiedene Definitionen, unter anderem die folgende:
„Lärm sind alle belästigenden, störenden oder gesundheitsschädigenden Geräusche, die von Schallquellen wie Maschinen, Arbeitsmitteln und -geräten, Fördermitteln, Fahrzeugen und sonstigen geräuschträchtigen Anlagen ausgehen.“
- 2 I LärmVibrationsArbSchV definiert Lärm folgendermaßen:
„Lärm ist jede Art von Schall, die das Hörvermögen beeinträchtigt oder eine sonstige mittelbare oder unmittelbare Gefährdung von Gesundheit und Sicherheit der Beschäftigten hervorrufen kann.“
Der Arbeitgeber hat den Schalldruckpegel so niedrig wie nur möglich zu halten. Die Maßnahmen enden dort wo die Grenzen des Möglichen im Betrieb erreicht sind. Diese richten sich insbesondere nach den Eigenarten des Betriebes.
Mögliche Lärmschutzmaßnahmen am Arbeitsplatz
Vorrangige Maßnahmen zur Verminderung der Lärmbelastung sind technische Arbeitsmittel und Arbeitsverfahren. Arbeitgeber dürfen bei der Umsetzung der Lärmschutzmaßnahmen wirtschaftliche Aspekte nicht beachten. Sollte eine ausreichende Lärmminderung nicht möglich sein, sind anderweitige Lärmschutzmaßnahmen zu etablieren. Zunächst ist an raumakustische und bauliche Schallschutzmaßnahmen zu denken. Typische Maßnahmen sind:
- Luft- und Trittschalldämmungen
- Lärmschutzwälle und -wände
- Kapselungen der Lärmquelle
- Ausgliederung von Arbeitsplätzen
- Schallschutzkabinen
Ein persönlicher Schallschutz ist nur erforderlich, wenn die maßgeblichen Grenzwerte überschritten werden. Dann kann eine behördliche Genehmigung gemäß § 3a III ArbStättV erforderlich sein. Ein umfassender Lärmschutz erfordert regelmäßige Instandhaltungs- und Kontrollmaßnahmen.
Vorschriften der Lärm- und Vibrations-Arbeitsschutzverordnung
Die Lärm- und Vibrations-Arbeitsschutzverordnung setzt verschiedene EU-Richtlinien in nationales Recht um. Arbeitgeber sollten sich an den TRLV (Technische Regeln für die Bereiche Lärm und Vibrationen) orientieren. Sofern die dort aufgeführten Werte eingehalten sind, dürfen Unternehmer vermuten, dass sie den Anforderungen der Verordnung entsprechen.
Arbeitgeber haben zu prüfen, ob ihre Beschäftigten Lärm ausgesetzt sind – oder ausgesetzt sein könnten. Außerdem sind Wechselwirkungen zwischen otoxischen Substanzen und arbeitsbedingtem Lärm zu begutachten. Die Lärm- und Arbeitsschutzverordnung gibt eine Lärmgrenze vor. Bei deren Überschreiten sind entsprechende Präventionsmaßnahmen zu ergreifen. Ein Spitzenschalldruckpegel ab 135 dB oder ein Tages-Lärmexpositionspegel ab 80 dB erfordert:
- Angebot arbeitsmedizinischer Vorsorge
- Bereitstellung von Gehörschutz
- Information der Beschäftigten
Ab einem Spitzenschalldruckpegel von 137 dB oder einem Tages-Lärmexpositionspegel von 85 dB gilt:
- Aufstellen eines Lärmminderungsprogrammes
- Kennzeichnung von Lärmbereichen
- Veranlassung einer arbeitsmedizinischen Vorsorge
- Gehörschutz verpflichtend
Arbeitgeber haben dafür Sorge zu tragen, dass ihre Beschäftigten die Bestimmungen befolgen. Der Arbeitgeber hat regelmäßig zu überprüfen, ob seine Beschäftigten den vorgeschriebenen Gehörschutz tragen. Sofern Schutzmaßnahmen erforderlich sind, müssen sie sich am aktuellen Stand der Technik orientieren.
Sollte die Gewährleistung ausreichenden Schutzes nicht möglich sein, sind Arbeitszeitpläne zu erstellen. Die betroffenen Mitarbeiter dürfen dem Lärm nur bedingt ausgesetzt sein und müssen eventuell in kürzeren Schichten arbeiten.
Bei Lärm am Arbeitsplatz besteht Recht auf Homeoffice
Arbeitnehmer unterliegen dem Direktionsrecht des Arbeitgebers. Dieses ergibt sich aus § 106 Gewerbeordnung bzw. § 315 Bürgerliches Gesetzbuch. Das Direktionsrecht besagt, dass der Arbeitgeber „Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen“ bestimmen darf. Arbeitgeber dürfen ihrem Arbeitnehmer den Ort der Arbeitsleistung vorschreiben. Ein Anspruch auf ein Homeoffice besteht prinzipiell nicht.
Eine Ausnahme liegt vor, wenn der Lärm am Arbeitsplatz die erlaubten Grenzwerte deutlich überschreitet und der Arbeitgeber keinen anderen Arbeitsplatz anbieten kann. In einem solchen Fall ist sein Ermessen auf Null reduziert. Der Arbeitgeber hat seinen Arbeitnehmer im Homeoffice arbeiten zu lassen. Sobald er einen Arbeitsplatz schafft, der den Lärmschutzbestimmungen entspricht, entfällt das Recht auf ein Homeoffice.
Lärm in unmittelbarer Nähe
Großbaustellen neben dem Arbeitsplatz oder Bauarbeiten an der Fassade treiben so manchen Arbeitnehmer in den Wahnsinn. Bauprojekte, die nur wenige Tage oder Wochen dauern, begründen keine besonderen Arbeitnehmerrechte. Der Lärm darf aber nicht dauerhaft die – oben genannten - Grenzwerte der Arbeitsstättenverordnung überschreiten. Andernfalls ist der Arbeitgeber verpflichtet, entsprechende Lärmschutzmaßnahmen zu ergreifen.